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Firmenfitness und Gesundheitsförderung aus lohnsteuerlicher Sicht

Der Autor ist seit Jahrzehnten ausgewiesener Lohnsteuer-Experte. Er ist bekannt durch Fachbeiträge und Vortragsveranstaltungen auf dem Gebiet der Arbeitnehmerbesteuerung und war langjähriger Lohnsteuerreferent in der Steuerabteilung des Finanzministeriums NRW in Düsseldorf.

Der Megatrend Gesundheit hat sich in den letzen Jahren tief in unserem Bewusstsein verankert. Immer mehr Arbeitgeber investieren in Firmenfitness und in Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung. Der nachstehende Beitrag beleuchtet die Firmenfitness und die betriebliche Gesundheitsförderung aus lohnsteuerlicher Sicht.

Firmenfitness-Mitgliedschaften

Sachbezüge aufgrund der unentgeltlichen oder verbilligten Teilnahme an einem Firmenfitness-Programm sind laufender Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber sein vertragliches Versprechen, den teilnehmenden Arbeitnehmern die Nutzung bestimmter Fitnesseinrichtungen zu ermöglichen, fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit erfüllt. 

Für den lohnsteuerlichen Zufluss des Vorteils maßgebend ist nicht das Entstehen des Nutzungsrechts, sondern die laufende Nutzungsmöglichkeit der Firmenfitness. Dies gilt selbst dann, wenn die Arbeitnehmer eine schriftliche “Teilnahmeerklärung für den Betriebssport” unterzeichnet haben, deren Kündigung nur zum Ende eines Jahres möglich ist. 

Ebenso ist es für die Frage des lohnsteuerlichen Zuflusses unerheblich, ob die Vereinbarung über die Teilnahme an dem Firmenfitness-Programm befristet oder unbefristet ist. Denn dies ändert nichts daran, dass der Arbeitgeber seine Verpflichtung, den Arbeitnehmern eine vergünstigte Trainingsberechtigung zur Verfügung zu stellen, fortlaufend während der regelmäßigen Lohnzahlungszeiträume erfüllt (so der Bundesfinanzhof in seiner grundlegenden Entscheidung vom 07.07.2020 – VI R 14/18, BStBl 2021 II S. 232). 

Entsprechendes gilt wohl auch, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, mehrere Mitgliedsbeiträge im Voraus zu zahlen, um einen Preisnachlass zu erhalten (Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 21.10.2022 – 10 K 262/22).

Bewertung des geldwerten Vorteils

Der dem Arbeitnehmer zufließende geldwerte Vorteil in Form der Trainingsberechtigung ist mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten ortsüblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Üblicher Endpreis in diesem Sinne ist der Preis, der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren oder Dienstleistungen tatsächlich gezahlt wird. Wird eine vergleichbare Dienstleistung an Endverbraucher nicht vertrieben, kann der Sachbezug grundsätzlich auch anhand der Kosten bemessen werden, die der Arbeitgeber seinerseits dafür aufgewendet hat. 

Sofern sich ein Beteiligter für die Bewertung auf eine abweichende Wertbestimmung beruft, muss er konkret darlegen, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert des Sachbezugs nicht entspricht. Im Falle eines Rechtsstreits obliegt es daher dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz, den von den Beteiligten gefundenen Wert im Wege tatrichterlicher Würdigung zu überprüfen und gegebenenfalls durch eine eigenständige Schätzung zu ersetzen.

Berücksichtigung der Sachbezugsfreigrenze

Beträgt der fortlaufend zufließende geldwerte Vorteil monatlich nicht mehr als 50 €, ist er steuerfrei, wenn die sich nach Anrechnung eventuell vom Arbeitnehmer gezahlter Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 50 € im Kalendermonat nicht übersteigen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber betrieblich veranlasste Sachzuwendungen an seine Arbeitnehmer im Übrigen pauschal mit 30 % gemäß § 37b Abs. 2 EStG versteuert. 

Entscheidend für die Berücksichtigung der Sachbezugsfreigrenze ist, dass ein Sachbezug und kein Barlohn vorliegt. Ein Sachbezug ist dann gegeben, wenn der Arbeitgeber Vertragspartner des Fitnessstudios ist. Demgegenüber liegt Barlohn vor, wenn das Vertragsverhältnis zwischen dem Anbieter der Fitnessleistungen und dem Arbeitnehmer selbst besteht und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer lediglich den Mitgliedsbeitrag durch eine Geldzuwendung ersetzt. Auch Gutscheine für Fitnessleistungen, wie etwa für den Besuch der Trainingsstätten sind Sachlohn und berechtigen zum Ansatz der 50 €-Freigrenze, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn und damit „on top“ gewährt werden.

Kann die Steuerbefreiung für arbeitgebergeförderte Präventions- und betriebliche Gesundheitsförderungsleitungen für Firmenfitness in Anspruch genommen werden?

Das ist ein heißes Eisen. Nach § 3 Nr. 34 EStG sind zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V genügen, steuerfrei. Und zwar insoweit, als sie 600 € je Kalenderjahr und Arbeitnehmer nicht übersteigen.

Die Übernahme von Mitgliedsbeiträgen für Sportvereine, Fitness-Studios und ähnlichen Einrichtungen durch den Arbeitgeber ist nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht nach § 3 Nr. 34 EStG begünstigt (BMF-Schreiben vom 20.04.2021 – IV C 5 – S 2342/20/10003, BStBl 2021 I S. 700). 

Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu dieser komplexen Thematik liegt bisher nicht vor.

Steuerbefreiung für die betriebliche Gesundheitsförderung nach § 3 Nr. 34 EStG

Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung des Arbeitgebers sind nach § 3 Nr. 34 EStG begünstigt, wenn sie Bestandteil eines betrieblichen Gesundheitsförderungsprozesses sind und im Handlungsfeld „Gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil“ mit den Präventionsprinzipien „Stressbewältigung und Ressourcenstärkung“, „Bewegungsförderliches Arbeiten und körperlich aktive Beschäftigte“, „Gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag“ sowie „Verhaltensbezogene Suchtprävention im Betrieb“ erbracht werden. Und zwar im Rahmen eines strukturierten innerbetrieblichen Prozesses mit Analyse des Bedarfs und unter Einbindung der Beschäftigten beziehungsweise ihrer Vertretungen sowie der für Sicherheit und Gesundheit verantwortlichen Fachkräfte im Betrieb. 

Stressbewältigung und Ressourcenstärkung

Den Präventionsprinzipien „Stressbewältigung und Ressourcenstärkung“ ordnet die Finanzverwaltung beispielhaft folgende Inhalte zu (BMF-Schreiben vom 20.04.2021 – a.a.O.): Sensibilisierung und Information zu durch Stress bedingten Gesundheitsproblemen und ihrer Verhütung, Vermittlung und praktische Einübung von Selbstmanagement-Kompetenzen in Bereichen wie systematisches Problemlösen, Zeitmanagement und persönliche Arbeitsorganisation, Vermittlung von Methoden zur Ressourcenstärkung, insbesondere kognitive Umstrukturierung zur Einstellungsänderung, positive Selbstinstruktion, Stärkung der Achtsamkeit, Resilienz, Balance von Berufs- und Privatleben sowie deren praktische Einübung, Vermittlung und praktische Einübung von Entspannungsverfahren. Zu letzterem zählen etwa Autogenes Training und Progressive Relaxation, Hatha Yoga, Tai Chi und Qigong. Entsprechendes gilt für die Vermittlung von Selbstbehauptungs- und sozialkommunikativen Kompetenzen.

Bewegungsförderliches Arbeiten und körperlich aktive Beschäftigte

Den Präventionsprinzipien „Bewegungsförderliches Arbeiten und körperlich aktive Beschäftigte“ werden folgende Inhalte zugeordnet: Sensibilisierung und Information zu durch Bewegungsmangel und körperliche Fehlbelastungen bedingten Gesundheitsproblemen und ihrer Verhütung, angeleitete Gesundheitssportangebote zur Reduzierung von Bewegungsmangel, die Vermittlung von Wissen und Aufbau von Handlungskompetenzen zur Vorbeugung von bewegungsmangelbedingten und durch Fehlbeanspruchungen induzierten Beschwerden und Erkrankungen (z.B. Pausengymnastik, Ausgleichsgymnastik, Krafttraining mit bis zu 50 % Geräteeinsatz, Ausdauertraining auch im Wasser), Anleitung zur Bewältigung von Schmerzen und Beschwerden im Bereich des Muskel- und Skelettsystems (z.B. Rückenschule, Muskelaufbautraining auch mit bis zu 50 % Geräteeinsatz).

Gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag

Begünstigt ist auch die gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag, die Sensibilisierung und Information für einen gesundheitsgerechten Ernährungsstil, auch durch Erstellung individueller Gesundheitsprofile (zum Beispiel Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen, Metabolisches Syndrom), Gruppen- und Einzelberatungen zur Vermeidung/Reduzierung von Übergewicht sowie von Mangel- und Fehlernährung sowie Gruppenangebote zur gesunden Ernährung mit Beratung und Anleitung. Dazu gehören zum Beispiel Informationen zu Inhaltsstoffen, praktischen Übungen, Kochen.

Suchtprävention

Nach § 3 Nr. 34 EStG begünstigt ist ferner verhaltensbezogene Suchtprävention im Betrieb durch Sensibilisierung und Information zu Suchtgefahren und ihrer Verhütung, Beratungen/Kurse zur Tabakentwöhnung, zum gesundheitsgerechten Alkoholkonsum sowie zu weiteren Suchtformen.

Wo müssen die Leistungen erbracht werden?

Die Leistungen im Handlungsfeld „gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil“ können auf dem Betriebsgelände, in einem Fitness-Studio, im Sportverein, oder in Praxisräumen freiberuflicher Fachkräfte außerhalb des Betriebsgeländes erbracht werden.

Welche formellen Voraussetzungen sind zu beachten?

Der Arbeitgeber hat für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 34 EStG die Teilnahmebescheinigung und eine Erklärung als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen, wonach die Maßnahme im Rahmen eines strukturierten innerbetrieblichen Prozesses mit einer Bedarfsanalyse und unter Einbindung der für Sicherheit und Gesundheit verantwortlichen Stellen und der Beschäftigten umgesetzt wurde. In diesen Fällen ist eine Zertifizierung der Leistung für Zwecke der Steuerbefreiung grundsätzlich nicht erforderlich. 

Falls der Arbeitgeber bei der betrieblichen Gesundheitsförderung von einer gesetzlichen Krankenkasse unterstützt wird und die Leistung des Arbeitgebers Bestandteil dieser betrieblichen Gesundheitsförderung ist, kann anstelle der Erklärung des Arbeitgebers auch eine Bescheinigung der Krankenkasse über die erfolgte Unterstützung als Beleg zum Lohnkonto genommen werden.

Wie sind die Arbeitgeberleistungen für lohnsteuerliche Zwecke zu bewerten?

Die Leistungen des Arbeitgebers sind grundsätzlich mit den um übliche Preisnachlässe geminderten Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Zuzahlungen des Arbeitnehmers sind auf diesen Endpreis anzurechnen. Die Finanzverwaltung hat zudem grundsätzlich keine Bedenken, wenn die Leistungen des Arbeitgebers aus Vereinfachungsgründen mit den tatsächlichen Aufwendungen bewertet werden. Diese Aufwendungen sind zu gleichen Teilen auf alle am Präventionskurs teilnehmenden oder beim Vortrag anwesenden Arbeitnehmer aufzuteilen und jeweils im Lohnkonto des Arbeitnehmers zu dokumentieren. 

Die Leistungen des Arbeitgebers fließen dem Arbeitnehmer lohnsteuerlich bereits mit Beginn des Präventionskurses oder Vortrags zu.

Lohnsteueranrufungsauskunft dringend empfohlen

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, wie komplex die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des steuerfreien Höchstbetrags von 600 € p.a. gem. § 3 Nr. 34 EStG sind. Deshalb empfiehlt es sich dringend die Anwendung dieser Vorschrift im konkreten Einzelfall über eine kostenfreie Lohnsteueranrufungsauskunft beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers abzusichern.

Disclaimer

Die Beiträge wurden mit größter Sorgfalt erstellt und dienen dem unverbindlichen Informationszweck. Diese Informationen allgemeiner Art stellen keine rechtliche Beratung im Einzelfall dar und können eine individuelle und verbindliche rechtliche Beratung, die auf Ihre spezielle Situation eingeht, nicht ersetzen. Zur Lösung von konkreten Rechtsfällen konsultieren Sie daher bitte unbedingt einen Spezialisten. Für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der hier bereitgestellten Informationen übernimmt der Anbieter keinerlei Gewähr.

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